Zwischen „Sehen“ und „Wahrnehmen“: Wenn blinde Menschen (weit-)wandern…
Wenn blinde Menschen mehr sehen, als Sehende …
… dann ist der Moment gekommen, die Augen zu öffnen und zu realisieren was um einen geschieht. „Wahrnehmen“ lautet die Zauberformel. Die folgende Geschichte zweier blinder Menschen hat mich sehr berührt. Darum möchte ich sie mit euch in meinem heutigen Artikel teilen.
Ein Beitrag von Nadine Lauritsch.
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Wenn blinde Menschen mehr sehen, als Sehende …
Die zwei Wanderer aus Chemnitz/Berlin, Beate Grill und Johannes Haase, sind schon ein eingespieltes Team und ergänzen sich hervorragend, so dass es Anderen sogar schwer fällt mit ihrem Tempo mitzuhalten. Dass die Zwei so schnell unterwegs sind mag auch daran liegen, dass sie so gut trainiert sind oder auch daran, dass sie sich nicht so schnell von den Verlockungen, die die Natur zu bieten hat, verführen lassen.
Steht ein Mensch Johannes Haase gegenüber, mit einer Entfernung von einem Meter, so sieht er bestenfalls dessen Schuhe. Der Kopf und das Gesicht sind aufgrund seiner Sehbehinderung für ihn nicht erkennbar, da er Menschen und Dinge in Augenhöhe nicht wahrnehmen kann. Seine Wanderungen erscheinen alle „grau“. Die herbstlichen Bäume sind für ihn „grau“, die blühende Wiese „grau“, die Schmetterlinge „grau“. Das Einzige was er noch annähernd erkennen kann, ist der Weg. Sein Weg. Der Weg der ihm die Kraft gibt, die er braucht.
Seine Lebenspartnerin Beate Grill kann Farben differenzieren und erkennt in Augenhöhe nur die Umrisse. Sie weiß, wohin sie geht, sieht Wanderschilder, kann aber nicht erkennen was darauf steht.
„500 Meter – elf Uhr… 490 Meter – zwölf Uhr… 480 Meter – dreizehn Uhr“ ertönt eine Stimme. Die Stimme des Navigationsgerätes. Für die zwei Wanderer ist diese Stimme ein dankbares Hilfsmittel auf ihren Weitwanderungen, denn sie hilft ihnen am richtigen Weg zu bleiben.
Dass Johannes Haase in seinem Leben schon etliche Kilometer zurückgelegt hat, ist kaum zu glauben. 1300 Kilometer um genau zu sagen. Auch vor kurzem Stand wieder eine Tour mit 20 Kilometer an. Beeindruckend – das richtige Wort für eine solche Leistung. Die Wanderungen geben den zwei Wandernden mit Handicap Sicherheit. Es stärkt ihre Orientierung.
Selbst steile Abhänge mit herausragenden Wurzeln, Baumstämmen und Steinen meistern sie mit Bravur, indem sie Stöcke zur Hilfe nehmen und fest am Boden auftreten. Diesen zwei Wanderern geht es darum, das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, Bergen und Schluchten, zu bestreiten. Ausklang zu finden. Halt.
Ein Verband, der sich damit auseinandersetzt blinden Menschen die Natur näher zu bringen ist der Verband „Auf, du blinder Wandersmann“. Sie gestalten kontrastreiche Schilder für Augenpatienten und wechselnde Untergründe mit Sand und Schotter. So wird der Wanderer auf etwas aufmerksam gemacht und lernt das „Rundherum“ wahrzunehmen.
Auch Siegfried Haberl widmet Menschen mit einer Sehschwäche einen Naturlehrpfad mit verschiedenen selbstgeschnitzten Holzfiguren, die Menschen oder Tieren ähneln. Der Pfad befindet sich am Königsberg in Tieschen. Mit seinen Werken will er zeigen, wie man mit der Natur umgehen soll, er bezeichnet diese auch als „Benimmregeln der Natur“.
Für mich ist es immer wieder schön zu sehen, wenn man Menschen mit einer Behinderung schätzt und ihnen etwas Gutes tun möchte/ Gutes tut. Denn diese Menschen schaffen es, uns im Herzen zu berühren und etwas in der Natur und der Umgebung zu sehen, das für viele andere Menschen unersichtlich ist.
Nur wer sich selbst bewegt, kann auch etwas bewegen.“
Andy Holzer, Alpinsportler mit Sehbehinderung
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Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/s/oesterreich/3938274/Er-macht-den-Wald-fur-Blinde-sichtbar
http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/SACHSEN/Auf-du-blinder-Wandersmann-artikel8041701.php